Die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei der Umsatzsteuer darf nicht mit der Bauabzugssteuer nach dem Einkommensteuergesetz verwechselt werden.
Bei der Bauabzugssteuer handelt es sich um einen 15 %-igen Steuerabzug vom Rechnungsbetrag, den der Kunde unter den Voraussetzungen des § 48 EStG vorzunehmen hat. Dieser Steuerabzug wird auf die Lohn-, Einkommen-, bzw. Körperschaftssteuer des die Leistung ausführenden Unternehmers angerechnet. Die Bauabzugssteuer wurde zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung auf dem Bau ab dem 1. Januar 2002 eingeführt (§§48 bis 48d EStG).
Leistungsempfänger, die Unternehmer sind, müssen für im Inland erbrachte Bauleistungen (Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken) vom Rechnungsbetrag (brutto) 15% einbehalten und an das Finanzamt, dass für den leistungsausführenden Unternehmer zuständig ist, überweisen.
Der vorgenannte Abzug muss nicht vorgenommen werden, wenn
der Bauleistende dem Auftraggeber eine - zum Zeitpunkt der Leistungsausführung - gültige Freistellungsbescheinigung gem. § 48b Abs. 1 S. 1 EStG vorlegt oder
eine Bagatellgrenze nicht überschritten wird (15.000 € im Jahr, falls der Leistungsempfänger ausschließlich steuerfreie Umsätze aus Vermietung und Verpachtung gem. § 4 Nr. 12 S. 1 UStG erbringt oder 5.000 € im Jahr in den übrigen Fällen) oder
der Leistungsempfänger nur maximal zwei Wohnungen vermietet.
Für die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei der Umsatzsteuer gibt es (anders als bei der Bauabzugssteuer) hingegen kein Freistellungsverfahren.
Beispiel
Bauunternehmer A erbringt Bauleistungen für den Bauunternehmer B.
A legt B eine Freistellungsbescheinigung für die Bauabzugssteuer und B legt A eine Bescheinigung USt 1 TG vor.
Lösung für Unternehmer A:
Da B ein Unternehmer ist, der ebenfalls Bauleistungen erbringt, greift hier bei der Umsatzsteuer § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 UStG. B wird zum Steuerschuldner der Umsatzsteuer. A muss B eine Rechnung ohne Umsatzsteuer (Netto-Rechnung) ausstellen und auf die „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers„ hinweisen.
Lösung für Unternehmer B:
B wird Schuldner der Umsatzsteuer für die Leistung des A. B zahlt A nur den Nettobetrag. Die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % muss B selbst berechnen und in seiner Umsatzsteuererklärung anmelden (bei ggf. entsprechendem Vorsteuerabzug). Gleichzeitig unterliegt die Bauleistung des A grundsätzlich der Bauabzugssteuer i.S.d. § 48 EStG. Wegen der Vorlage der Freistellungsbescheinigung durch A muss Unternehmer B jedoch keine Bauabzugssteuer einbehalten.
Abwandlung
A legt B keine Freistellungsbescheinigung für die Bauabzugssteuer vor.
Lösung:
Unternehmer B wird dennoch Schuldner der Umsatzsteuer für die Leistung des A (wie im Grundfall). Gleichzeitig muss der Unternehmer B für den Unternehmer A 15% Bauabzugssteuer nach § 48 EStG einbehalten und an das zuständige Finanzamt abführen.
Quelle: NWV Verlag Arbeitshilfe Oktober 2014 - Thomas Meurer